Spaceballs Kurze

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Spaceball One
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Registriert: Mo 14. Dez 2009, 15:58
Über mich: Ich bin ein weltweit gesuchter Terrorist aus Hinterusbekistan und habe ein nicht stubenreines Minischwein namens Schorsch.
Meine Hobbies sind Extrembügeln und Kleinkindern Lollies klauen.
In meiner Heimat studierte in angewandte Chemie an der Krach-Bumm-Universität in Buxoro.
Weiterhin wurde ich von den Großmeistern in der Kunst des Schleichens und des Lokustauchens unterrichtet.
Außerdem spreche ich fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Proll, Weibisch, Hebräisch, Sarkastisch und Tourette.
Wohnort: Leipzig
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Beitrag von Spaceball One »

Raymonds letzter Arbeitstag

Es war ein Tag wie jeder andere in dem verträumten Kaff mitten im Nirgendwo. Die Sommersonne schien und es wehte eine leichte Brise. Raymond Gellar, Angestellter in der einzigen Bank in einem Umkreis von mehreren Meilen, freute sich schon auf den Feierabend. In etwa zwei Stunden würde er seine Frau Susan und die beiden Töchter Judy und Mary wieder sehen. Vorher würde er noch schnell in den Supermarkt fahren und Snacks für den DVD-Abend holen, den sie schon länger geplant hatten. Er liebte seine Töchter und Susan über alles.
Er hatte sie heute vor genau fünfzehn Jahren kennengelernt. Sie war seine Psychaterin, die ihm seine Errinnerung wiederzubringen versuchte, die er zuvor bei einem schweren Verkehrsunfall verloren hatte. Da er keine Papiere bei sich gehabt hatte, kannte auch er seinen Namen nur von dem Namensschild, welches er damals getragen hatte. Zwar wusste er noch immer nicht, woher er kam oder wie seine Kindheit aussah, aber mittlerweile war es ihm auch ziemlich egal. Er hatte sich damit abgefunden und war glücklich mit seiner kleinen Familienidylle.
Es war auch Susan gewesen, die ihm diesen Job bei der Bank verschafft hatte. Ihr Onkel war der Filialleiter und ein sehr verständnisvoller und freundlicher Zeitgenosse. Im Laufe der Jahre hatte Raymond sich nicht nur durch harte Arbeit einen Namen gemacht und es sogar zum stellvertretenden Filialleiter gebracht, sondern durch seine offene, zuvorkommende Art auch viele Freunde in der Kleinstadt gefunden. Hier war er zu Hause.
Wenige Minuten bevor die Bank schließen wollte - es waren nur noch er und der Wachmann Hank im Gebäude - kam eine Frau herein. Sie war maximal Mitte dreißig und sehr fein gekleidet. Mit den hohen Disignerschuhen aus schwarz-glänzendem Leder, dem schwarzen Kostüm mit vielversprechendem Dekolteé, dem scharlachroten Halstuch und dem riesigen schwarzen Hut erinnerte sie an die großen Diven aus Holywood. Auch ihr anmutiger Gang und die Art, wie sie ihre Zigarette rauchte - was eigentlich nicht gestattet war, aber nicht als Verstoß gegen die Hausordnung geahndet wurde (Raymond wollte die Lady ja nicht beleidigen oder andersweitig verärgern) - versprühten ein Flair von HighSociety. Ihr offensichtlich hübsches Gesicht wurde fast gänzlich von einer riesigen Sonnenbrille verdeckt, die aussah, als würde sie allein schon ein Vermögen kosten.
Und obwohl Raymond sich absolut sicher war, dass er diese Frau noch nie gesehen hat, kam sie ihm verdächtig bekannt vor. Als sie direkt vor ihm stand und sagte, dass sie neu in der Gegend sei und ein Konto eröffnen wolle, stockte ihm der Atem. Ihre klare und doch kräftige Stimme kam ihm so vertraut vor, als hätte er nie eine Andere gehört, was ihm einen kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen ließ.
Bevor er seine Gedanken wieder gesammelt hatte um die Neukundin zu bedienen, stürmten zwei bewaffnete, maskierte Männer in die Bank. Der athletischere von beiden richtete seine Pumpgun auf Hank und schrie ihn an, er solle seine Waffe langsam rüberschieben und sich dann mit dem Gesicht nach unten auf den Boden legen. Hank, der kurz vor der Pensionierung stand, schien der Aufforderung des Gangsters zu folgen. Doch plötzlich schoß der Alte und traf den Maskierten an der linken Schulter, worauf dieser wütend zweimal auf den Wachmann schoß und ihn anschrie, dass er ein dummes Schwein sei und es nicht anders gewollt hätte. Dann richtete er sein Mordwerkzeug auf Raymond und fragte ihn, ob er denn nicht der nächste sein wollte. Doch sein Komplize, der in der Zwischenzeit seine DesertEagle an den Kopf der Lady hielt, gebot ihm Einhalt. Sie brauchten ihn noch.
Das war auch Raymond klar. Nur er konnte den Tresor öffnen, was ihn zumindest solange schütze bis die Gangster ihre Beute hatten. Er wusste auch, dass er allein keine Chance gegen die beiden haben würden. Dennoch weigerte er sich, den Tresor zu öffnen. Der Pistolenträger fragte ihn ganz ruhig, was der Grund dafür war. Es wäre doch nicht sein Geld und wenn er kooperiere, hätten er und die Geisel auch nichts zu befürchten.
Raymond antwortete, dass sich in diesem Tresor die Ersparnisse der gesamten Stadt befänden, auch die eigenen.
Der Typ mit der Pumpgun fing an, Raymond auszulachen und als Weichei, Schwuchtel und so weiter zu beschimpfen, bis ihn sein Partner anschrie, er solle endlich sein blödes Maul halten, da sonst er der Nächste wäre, der Blei fressen würde. Dann bot er Raymond an, ihm ein paar tausend Dollar zu überlassen, als Ausgleich.
Doch wieder lehnte dieser ab und sagte, dass alle seine Freunde ihr Geld hier aufbewahrten und sie ihm vertrauten. Er könne sie nicht enttäuschen.
Die Frau fragte ihn, ob er verrückt sei, ob ihm sein Leben denn nichts bedeuten würde.
Langsam sichtlich genervt hielt der Pistolenträger Raymond seine DesertEagle vor die Nase und fragte, ob er nicht gesehen hätte, was mit Helden geschieht und wies ihn mit einer kleinen Geste auf Hanks leblosen Körper hin.
Nach einem kurzen Moment des Zweifelns schluckte Raymond seine Angst runter, bevor sie ihm die Luft ganz abschnürte, schaute seinem Gegenüber in die Augen und sagte, er wolle lieber sterben, als das Versprechen, welches er seinen Freunden, seinen Kunden, seinem Chef und ganz speziell seiner geliebten Susan gegeben hatte, zu brechen und mit dieser Schande weiterleben zu müssen.
Der Mann nahm langsam seine Pistole runter und sagte sichtlich verwirrt zu sich selbst:"die Scheiße klingt, als hätte der alte Jason es gesagt, Gott habe ihn gnädigt."
In diesem Moment versteinerte sich die Miene der Frau, so als hätte sie einen Geist gesehen. Sie sah Raymond fragend an und flüsterte:" Jason? Das kann nicht sein. Du bist tot. Wir haben dein Auto brennend im Graben gesehen, nachdem du... abgehauen bist..."
Jetzt sah auch der Gangster mit der Pistole Raymond erschrocken an und fragte ihn:" Jason? Bist du es wirklich?"
Raymond schaute beide an. Er war wie erstarrt. Dann lüftete sich langsam der Schleier in seinem Hirn und die Erinnerung kam wieder. Erst in Brocken, doch nach wenigen Sekunden ergab alles Sinn und und er verstand die Bilder, die er da sah. Jason, das war sein Name. Jason "der Gentleman" McKenzie, einer der berüchtigsten und erfolgreichsten Bankräuber des letzten Jahrzehntes. Und das vor ihm waren George "Hazard" McCormack, sein bester Freund seit er denken kann und Amy Lee, seine große Liebe und seine Freundin seit der Highschool. Gemeinsam haben sie einige Jahre lang jede Bank, jeden Tresor und jeden Geldtransporter geknackt, den sie wollten. Und das ganze ohne auch nur einen Menschen ernsthaft zu verletzen. Er selbst war dabei sogar immer recht höflich gewesen, daher auch sein Künstlername "der Gentleman". Sie hatten ein Vermögen verdient und es wäre wohl ewig so weiter gegangen, wäre er nicht einmal früher von einem seiner üblichen Erkundungsausflüge wieder gekommen und hätte so seinen besten Freund im Bett mit seiner geliebten Amy erwischt.
Danach war er ins Auto gestiegen und verschwunden, samt der Beute, bis auf die paar hundert Dollar die jeder von ihnen standardmäßig immer einstecken hatte. Er hatte das Geld dann in einem Schließfach verstaut und wollte irgendwohin fahren, um sich abzureagieren, seiner Wut und seiner Enttäuschung freien Lauf zu lassen. Doch dazu kam es nie, denn als er mit extrem überhöhter Geschwindigkeit durch ein Waldstück raste, sprang plötzlich ein Rehkitz auf die Fahrbahn. Erschrocken verriss er das Lenkrad und rammte einen Baum.
Von da an war alles schwarz... bis Susan kam... Susan... Judy... Mary... Er errinnerte sich gerade an seine kleine Familie, die einige Straßen weiter auf Daddy und das Popcorn wartete, an seinen treuen Hund Rusty, der wohl doch wieder im Haus Gassi gegangen war, da er ja mittlerweile viel zu spät war und Rusty sich nur mit ihm außerhalb der eigenen vier Wände für einen Hund relativ zivilisiert benahm. Dann dachte er wieder an die strahlenden Augen seiner Töchter und an Susans süssen Duft, den sie immer trägt. Das waren seine letzten Gedanken.
Denn in diesem Moment stürmte die Polizei die Bank - einige Anwohner hatten die Schüsse gehört und den Notruf gewählt . Der Idiot mit der Pumpgun eröffnete sofort das Feuer worauf es zu einer wilden Schießerei kam. Doch von dieser bekam Jason nichts mehr mit, denn zwei der ersten drei Bullenkugeln trafen ihn in die Brust.
Am nächsten Morgen standen im Zeitungsbericht acht Tote: die beiden Gangster, drei Polizeibeamte, eine weibliche Geisel, der Wachmann Hank und der stellvertretende Filialleiter Raymond Gellar.
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